#15 Vo gheie und flüüge V

Ich tendiere dazu am Jahresende nachdenklich zu werden und mit meiner Situation zu hadern. Dann hilft es mir wenn ich darüber schreibe und meine Gedanken teile. Dieses Mal fühlt es sich anders an. Nach diesem Jahr voller Weltuntergangsmeldungen und täglichem checken der Fall- und Todeszahlen, habe ich absolut null Bock auf Jahresendmimimi und semidepressive Selbstreflexionen. Ich habe mich deshalb entschieden zum Jahresende eine Liste zu machen mit 10 Dingen, die absolut grossartig waren in 2020.

  1. Meine Gesundheit ist stabil. Das MRI im Oktober hat bestätigt, dass immer noch keine neuen Entzündungen in Hirn und Rückenmark aufgetreten sind. Das, obwohl ich immer schlechte Prognosen erhalten habe. Langsam beginne ich daran zu glauben, dass mein Weg, den ich eigeschlagen habe, sich auszahlt und das ist grossartig!

  2. Ich habe mich verlobt. Das mir das als Heiratsskeptiker mal passieren würde, hätte ich nicht darauf gewettet. Aber wenn man acht Jahre an der Seite des wundervollsten Menschen auf der Erde verbringen darf, kann man seine Prinzipien auch mal über Bord werfen. Eigentlich wollte ich zuerst wieder aus dem Rollstuhl kommen, damit ich mich für den Antrag auch anständig hinknien kann. Leider klappte es nicht und trotzdem ist es grossartig.

  3. Ich konnte weiterhin Musik machen und meine Leidenschaft leben. Mit «Insle Acoustic» zusammen mit Henrik Belden, «Kompass» zusammen mit meinen Jungs von Skilluminati und jetzt zum Schluss «D.M.K.S.M.O.D» mit Unterstützung von Drey sind drei Songs entstanden die unterschiedlicher nicht sein können. Ich habe mir musikalische Narrenfreiheit erarbeitet und das ist grossartig.

  4. Trump ist weg! «Ja, aber der hat auch ganz tolle Sachen gemacht». Egal, Trump ist weg! «Ja aber der Biden ist jetzt auch nicht die beste Wahl». Egal, Trump ist weg und das ist grossartig.

  5. Eine modernere Schweiz scheint möglich. Die letzten politischen Monate liessen mich verwundert die Augen reiben. Vaterschaftsurlaub, Ehe für alle, CO2 Gesetz, Grüne Welle, Meyer/Wermuth an die SP Spitze, knappste Niederlagen bei Kampfjet und Konzernverantwortung. Es scheint sich etwas zu bewegen in unserem Land und das ist grossartig.

  6. Ich bin Ski gefahren! Unter der grossartigen Anleitung der Skilehrer im Sörenberg, habe ich einen ersten Versuch im Paraskiing unternommen. Sämtliche Gefühlslagen durchlebt und gelitten am nächsten Tag wie ein Hund. Aber einen weiteren Schritt zurück ins Leben gemacht und das ist grossartig.

  7. Corona hat mir als Rollstuhlfahrer den Zugang zum Arbeitsmarkt verbessert. Home-Office und digitale Meetings sind innert kürzester Zeit salonfähig und zu einem neuen Standard geworden. Beides hilft mir als Rollstuhlfahrer sehr und hat mir neue Perspektiven eröffnet. Das ist grossartig. (Mehr: http://www.freezemusig.ch/314-14-corona-hilft-mir)

  8. Mein 16-jähriger Sohn Ian kann doch noch in den Austausch. Was für mich oft vergessen geht in dieser Krise, sind die Jugendlichen. Sie zahlen für mich, neben den Erkrankten und Verstorbenen, den höchsten Preis und sie machen das in meinen Augen absolut vorbildlich. Mit viel Geduld und Reife. Aus Plan A – im Sommer ein Jahr nach Kanada – wurde mittlerweile Plan D – im Januar ein halbes Jahr nach Irland. Aber es scheint zu funktionieren und ich gönne es ihn von Herzen. Grossartig!

  9. Meine berufliche Wiedereingliederung neigt sich dem Ende zu. Im Sommer 21 sollte es soweit sein und ich werde wieder einen regulären Arbeitsvertrag erhalten. Bis dahin haben wir (IV, IOZ AG und ich) zweieinhalb Jahre lang Lösungen gesucht, Leistungsgrenzen getestet, eine Weiterbildung absolviert, Rückschläge verarbeitet und Perspektiven erarbeitet. Wir haben tatsächlich die Quadratur des Kreises geschafft. Eine gesundheitsverträgliche Arbeitsbelastung zu finden, welche für das Unternehmen Nutzen bringt und für mich Sinn stiftet. Das ist grossartig.

  10. Fussball ist krisenfest. Trotz vieler Auflagen hatte ich ein paar tolle Momente im FCL Stadion. Als nach dem Sommer die Grenze für Grossanlässe fiel, war ich beim einzigen Spiel mit Publikum gegen St. Gallen da. Es war so befreiend, diese Energie wieder einmal zu spüren. Anfangs Dezember dann im praktisch leeren Stadion gegen YB. So ein intensives Spiel und man hörte jedes Wort auf dem Platz. Sehr eindrücklich die Teamdynamik einer Fussballmannschaft mal so zu erleben. An dieser Stelle mal ein grosses Dankeschön an den FCL welcher ein grossartiges Angebot für Rollstuhlfahrer bietet. Fühle mich selten so willkommen wie bei euch und das ist grossartig!

Nun wünsche ich euch allen einen guten Rutsch. Bleibt positiv und feiert das Leben.
Ich komme mit neuen Plänen und Ideen zurück ?

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Freeze

(Foto: @wuiggipics_official / https://www.facebook.com/Wuiggi-Pics-950517888309479)

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